myclimate Statement zur öffentlichen Konsultation zum SBTi Corporate Net-Zero Standard 2.0

Die Science-Based Targets Initiative (SBTi) hat im März 2025 ihren Draft zum überarbeiteten Corporate Net-Zero Standard, dem strategischen Leitfaden für klimabewusste Unternehmen, vorgestellt. Ein Expertenteam von myclimate nimmt an der Konsultation teil. Aufgrund der Wichtigkeit, die wir Klimaschutzprojekten außerhalb der Wertschöpfungsketten von Unternehmen beimessen, und mit Blick auf unsere mehr als zwanzig Jahre Erfahrung in diesem Bereich legt myclimate einen besonderen Fokus auf die hierfür relevanten Änderungsvorschläge.

Die Science Based Targets initiative (SBTi) ermöglicht es Unternehmen und Finanzinstitutionen weltweit, einen wirkungsvollen, wissenschaftsbasierten und transparenten Beitrag zur Bekämpfung der Klimakrise zu leisten. Mit der Einführung des Corporate Net-Zero Standards bietet die SBTi seit 2021 eine konsistente Definition wissenschaftsbasierter Net-Zero-Ziele für Unternehmen. Im März 2025 hat die SBTi den ersten Draft für einen revidierten Standard veröffentlicht und lädt zur Konsultation ein.  

 

myclimate Statement

Als gemeinnützige Klimaschutzstiftung mit mehr als zwanzig Jahren Expertise begleiten wir unsere Partner aus der Wirtschaft auf ihrem Weg zu Netto-Null. Dabei verfolgen wir einen ganzheitlichen Ansatz aus Emissionen vermeiden und reduzieren sowie Klimaschutzprojekte außerhalb eigener Wertschöpfungsketten zu finanzieren.

In der Begleitung zahlreicher Unternehmen mit validierten SBTi-Zielen erleben wir täglich, dass die SBTi-konforme Reduktion der Emissionen - insbesondere im Scope 3 - produzierende Unternehmen vor große Herausforderungen stellt. Auch stellen wir mit Bedauern fest, dass die weltweiten Reduktionsbemühungen immer noch zu langsam und zu wenig ambitioniert stattfinden und es vielerorts an finanziellen Mitteln und Wissen für wirksamen Klimaschutz fehlt. 

Wir begrüßen deshalb grundsätzlich jede Diskussion darüber, wie Klimaschutz in diesem Kontext schneller und wirksamer erfolgen kann und wie Hürden für Unternehmen aber auch im globalen Süden gesenkt werden können. Wir unterstützen die SBTi darin, für Vorreiterunternehmen im Klimaschutz eine zusätzliche Motivation zu schaffen, um auch außerhalb der eigenen Wertschöpfungskette Klimaschutz durch qualitative und integre Projekte zu ermöglichen. Diese Anerkennung sollte ausdrücklich auch im Rahmen der aktuellen Gesetzgebung kommunizierbar sein und diese Unternehmen vom weniger engagierten Wettbewerb hervorheben. Gerne nehmen wir in der Diskussion über die konkrete Ausgestaltung eine aktive Rolle ein.    

Gleichzeitig erscheint uns essenziell, die Ambition zu Reduktionen in der Lieferkette nicht zu schwächen. Einen ausgewogenen Ansatz, der Firmen weiterhin die Verantwortung für engagierte Reduktionsmaßnahmen lässt, ihnen aber (unter klaren Regeln und gegebenenfalls zeitlich befristet) einen Weg zur schnelleren Dekarbonisierung unter Zuhilfenahme von CO2-Zertifikaten eröffnet, halten wir für eine gesamthaft wirksame Strategie. Durch diese würde sowohl die sofortige Klimawirkung, meist dort, wo heute schon die Auswirkungen des Klimawandels am stärksten spürbar sind, als auch der dringend benötigte Finanz- und Wissenstransfer ermöglicht.

Wir schätzen das Bestreben der SBTi mehr Unternehmen, vor allem kleineren oder in weniger wirtschaftsstarken Weltregionen beheimateten, einen weniger herausfordernden Zugang zu ermöglichen.

Schlussendlich ist es im Sinne des globalen Klimaschutzes, mehr Klarheit über das konkrete Ausgestalten von Netto-Null zu schaffen und dem Thema der nicht zu reduzierenden Restemissionen Rechnung zu tragen. Wir freuen uns, wenn die SBTi mehr Sicherheit durch eine Definition von «removals» liefert und dabei ausdrücklich die vielfältige positive Wirkung von naturbasierten Klimaschutzlösungen gegenüber der – möglichen – dauerhafteren CO2-Bindung durch technische Ansätze bewertet.

 

Informationen zum Corporate Net-Zero Standard V2.0 der SBTi (1. Draft)

Die neue Version zeigt im Vergleich zum aktuellen Modell substanzielle Veränderungen, zum Beispiel betreffend der Trennung von größeren, international ausgerichteten Unternehmen und kleineren Akteuren (sowie Unternehmen aus dem globalen Süden). Letztere sollen neu weniger Vorgaben erfüllen müssen. Der Schwierigkeit von vielen Unternehmen, ihre Lieferketten (Scope 3) zu dekarbonisieren, wird mit dem neuen Standard ausdrücklich Rechnung getragen. Das übergreifende Ziel ist es, «Hürden abzubauen und das Setzen wissenschaftlich fundierter Klimaziele für mehr Unternehmen zu ermöglichen.»

Nachdem Investitionen von Unternehmen und Finanzinstituten in Beyond Value Chain Mitigation (BVCM) bislang «nur» empfohlen werden, sollen sie im neuen Standard durch eine noch zu definierende Form der Anerkennung oder des Ausweises ausdrücklich dazu motiviert werden: «The SBTi is proposing to recognize companies that mitigate the impact of ongoing emissions while undertaking science-based decarbonization as an optional leadership practice.» (SBTi CORPORATE NET-ZERO STANDARD Version 2.0 - Initial Consultation Draft with Narrative March 2025, S.70). Diese formale Anerkennung oder Auszeichnung soll dazu dienen, weltweite Klimafinanzierung im großen Stil voranzutreiben («Formal recognition to unleash climate finance at scale»).

Sie dient dem großen Ziel, «dass Unternehmen auf dem Weg zum globalen Netto-Null-Ziel Verantwortung für ihre laufenden Emissionen, einem der wichtigsten Treiber des aktuellen Klimawandels und seiner negativen Auswirkungen, durch zusätzliche Maßnahmen übernehmen, dadurch ihre Glaubwürdigkeit als Klimavorreiter untermauern und zu der weltweiten, auch sozialen Transformation beitragen. («Intended outcome: Companies take responsibility for ongoing emissions, a key driver of continued negative climate impacts during the transition to net-zero, through additional mitigation measures. In doing so, they contribute to broader societal net-zero transformation and strengthen their climate credibility», Seite 71).

Wie diese Anerkennung ausgestaltet werden soll, ist noch offen und Bestandteil des Konsultationsprozesses sowie der Diskussionen in den Fachgruppen. Entscheidend ist für die SBTi weiterhin, dass BVCM-Maßnahmen als zusätzliche Maßnahmen zu ambitionierten und tiefgreifenden Dekarbonisierungsinitiativen innerhalb der eigenen Wertschöpfungskette und nicht als «Abkürzung dieser» (beispielsweise durch Offsetting) umgesetzt werden. Sollte BVCM durch die Finanzierung von anerkannten Klimaschutzprojekten mit entsprechenden Zertifikaten realisiert werden, so ist hierbei auf eine hohe Qualität und Integrität sowie eine transparente Kommunikation zu achten.   

 

Der vollständige Draft: CNZS V2.0_Consultation Draft with Narrative

Nach der öffentlichen Konsultation und den Diskussionen in verschiedenen Gremien soll der Standard offiziell 2026 veröffentlicht werden und 2027 in Kraft treten. Die SBTi ermuntert Unternehmen ausdrücklich, nicht so lange zu warten, sondern schon heute unter dem gültigen V1.2 Standard Ziele zu setzen und diese einzugeben, auch weil damit wertvolle und für den neuen Standard anwendbare Prozesse und Ergebnisse entstehen.

Ein Expertenteam von myclimate nimmt an der öffentlichen Konsultation teil. Aufgrund der mehr als zwanzig Jahre Erfahrung im Aufsetzen und auf ihre Wirkung Überprüfen von Klimaschutzprojekten legt myclimate einen besonderen Fokus auf den vierten, substanziellen Veränderungsvorschlag, der die Stärkung und Anerkennung von Maßnahmen im Bereich «Beyond-Value Chain Mitigation» (BVCM) zum Inhalt hat.

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