«Climate Talk mit Bettina Walch»

Asphalt knacken und Klima schützen – 2024 geben wir Menschen eine Bühne, die sich dem Klimaschutz verschrieben haben und mit ihrem Tun inspirieren. Bettina Walch und ihr Team von den «Asphaltknackerinnen» befreien Zürich mit vereinten Kräften von versiegelten Flächen und begrünen diese wieder. Sie zeigen, dass kleine Massnahmen Grosses bewirken können. In kürzester Zeit haben sie so für viel Aufmerksamkeit gesorgt und viele Flächen aufgewertet, sogar direkt vor myclimates Haustür im Kulturpark.

Los geht’s:

  1. Warum sollte es deiner Meinung nach weniger versiegelte Flächen geben?

Weil wir so mehr Lebensqualität schaffen, indem wir unsere Plätze, Zentren, Wegränder etc. möglichst naturnah gestalten. Damit speichern wir das Wasser vor Ort und mindern die Hitze, statt es direkt über die Kanalisation abzuführen oder gar überschwemmte Flächen zu haben, wenn es immer heftiger regnet. Und wir schaffen Lebensraum für Pflanzen und Tiere.

 

  1. Was hat dich dazu motiviert, dich als Asphaltknackerin zu engagieren und Flächen zu entsiegeln?

Das Bedürfnis selbst anzupacken und Teil der Lösung zu sein, indem wir die BewohnerInnen dabei unterstützen, ihre Umgebung dem Klimawandel anzupassen und gleichzeitig die Biodiversität im Siedlungsraum zu fördern.

 

  1. Welchen Herausforderungen und Vorurteilen musst du dich bei der Überzeugung von Flächenbesitzer*innen stellen? Was sind deine schlagenden Argumente?

Dass es viel weniger aufwändig und kompliziert ist, als man meint, auch weil wir alles von einer Hand anbieten: Beratung, Auflagen beachten, Partnerfirmen für die eigentlichen Arbeiten suchen und den Asphalt korrekt entsorgen. Die schlagenden Argumente sind, dass man nicht nur sich selbst eine schönere Umgebung schafft, sondern auch der Natur wieder etwas zurückgeben kann und man etwas gegen die Hitze am Tag sowie in der Nacht unternimmt.

 

  1. Welche Veränderungen würdest du gern in der zukünftigen Stadtplanung sehen?

Die neuen Problemstellungen mit denen wir im Siedlungsraum konfrontiert sind, sind so vielschichtig geworden, dass wir die bis anhin gängigen Normen neu denken und interpretieren müssen, auch weil die Gesetzgebung verständlicherweise hinterherhinkt. Ich würde den Raum am liebsten neu denken: Zuerst als Begegnungszone für den Menschen, der hier verweilen möchte und als Lebensraum für Wildtiere. Dann möchte ich ihn weiterdenken für Fussgänger und Velofahrerinnen oder den öV und erst zum Schluss geht es um den mobilisierten Durchgangsverkehr, der weder hier wohnt, noch Wertschöpfung bringt. Es fängt beim natürlichen Wasserkreislauf an, geht über die Werkleitungen und Baumpflanzaktionen weiter bis zur Gestaltung von Parkplätzen und dem öffentlichen Raum ganz generell. In Anbetracht all der Herausforderungen, die sich uns stellen, wünschte ich mir mehr Pragmatismus und insbesondere mehr Mut zum Experimentieren und interdisziplinäres Herangehen. Ich hoffe, das tönt nun nicht vermessen… Es ist mir sehr bewusst, dass gelungene Stadtplanung, die auch noch politisch nicht gleich wieder gebodigt wird, etwas vom Anspruchsvollsten ist und ich ich habe grossen Respekt vor dieser Aufgabe. Bleibe aber bei meiner Kernaussage: Mehr Mut, mehr Mensch im Zentrum.

 

  1. Welche Fläche in Zürich würdest du am liebsten entsiegeln?

Jede, die unnötig versiegelt worden ist, wenn sie auch naturnah begrünt wird. Bloss auf technische Lösungen zu setzen, greift viel zu kurz. Schweizweit…. Und im Netzwerk gern europaweit.

 

  1. Wer oder was inspiriert dich bei deiner Arbeit am meisten?

Das ändert laufend. Doch aktuell ist es die Schwammstadt als solche und sind es einzelne Firmen aus der Privatwirtschaft, sind es mutige Chefs von Verwaltungen, die einfach mal machen – und ein klares Ziel haben, das sie gemeinsam mit anderen erreichen wollen und dabei offen sind, den Prozess immer wieder abzugleichen. 

Bei der Schwammstadt passiert grad viel, hier wird viel Geld investiert – doch leider nicht immer ganzheitlich gedacht. Wenn wir unsere Umgebung an den Klimawandel anpassen, ist es sinnvoll, wenn wir dies nutzen, um ökologisch wertvolle Flächen schaffen. Also nicht nur in «grauer Ingenieurkunst» denken und forschen, sondern auch als «blaugrüne Infrastruktur».

Wir müssen Klima und Natur als Einheit denken, weil sie eine Einheit ist. Da werden sonst Riesenchancen verpasst, die schlussendlich teurer werden. Kleines Beispiel, wo Synergien auf der Hand liegen: Wenn wir eh schon Fernwärmeleitungen angehen und halbe Städte aufreissen, dann nutzen wir doch das und überlegen jedes Mal, ob diese Flächen tatsächlich wieder versiegelt werden müssen. Oft reichte auch eine Chaussierung.

 

  1. Wie können die Akteur*innen im Umwelt-Bereich vorgehen, damit Biodiversität, Klimaanpassung und Klimaschutz noch vermehrt zusammen gedacht und umgesetzt wird?

Reden, Aufklären, Sensibilisieren, Bewusstsein stärken, dass alles zusammenhängt. Aufzeigen, wie relevant die Ökosysteme für unser Wirtschaftssystem ist, das zusammenbricht, wenn wir weiterhin einfach «unser Ding wie bis anhin» durchziehen.

Die Natur ist unsere beste Verbündete, wenn es darum geht, auch in Zukunft mit den Extremwetterereignissen, resilient zu sein und eine lebenswerte Umwelt zu haben. Für uns alle.

 

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