Ein Duft von Kohle liegt in der Luft. Der Smog hält die Stadt in einem grauen Dämmerlicht gefangen. Wir sind in Katowice. Ausgerechnet hier findet die Weltklimakonferenz statt? Steht man im Polnischen Pavillon könnte man meinen, es geht um die Zukunft fossiler Energien. Hier wird tatsächlich Kohle ausgestellt und als grün beworben!
Doch das geht fast unter im eifrigen Gewusel der Konferenzteilnehmenden, die hier von einer Podiumsveranstaltung zur nächsten hechten. Auf der COP24 und den vielen Side Events geht es um die grossen Klimaschutzthemen: um Treibhausgase, nationale Klimaziele, Beiträge zu einer nachhaltigen Entwicklung, Finanzierungsinstrumente, Talanoa-Dialog und den jüngsten IPCC-Bericht.
Die Vielfalt und Komplexität im globalen Klimaschutz wird einem hier unglaublich deutlich gemacht. Laut Vertrag haben alle Nationen gemeinsame, aber differenzierte Verantwortungen bezüglich des Klimawandels. Aber, Nationen bestehen aus Menschen, daher gelten diese Verantwortungen auch für jede und jeden Einzelnen. Alle sind betroffen und verlangen zu Recht Gehör für ihre Anliegen: Bewohner von Inselstaaten sind genauso aber auf andere Weise betroffen wie Kohleminenarbeiter in Polen. Man spürt, es braucht Lösungen aus allen Bereichen der Gesellschaft, um die Erderwärmung zu begrenzen: technologische Innovation, kultureller Wandel, politische Übereinkünfte, Fortschritte in der Wissenschaft, etc. Das bedeutet, dass Menschen auf der ganzen Welt mit unterschiedlichsten Rollen zusammenarbeiten müssen. Ein Element ist dabei entscheidend: Hoffnung. Man sieht hier – jedenfalls ausserhalb der Verhandlungssäle - keine verzweifelten Gesichter. Jedes Zehntelgrad Erwärmung weniger schützt uns vor gewaltigen Auswirkungen. Unzählige Teilnehmende blicken hoffnungsvoll in die Zukunft und zeigen ihre unterschiedlichen Ideen und Beiträge für diese Verminderung.
Positive Nachrichten
Positive Nachrichten und Entwicklungen gibt es gerade ausserhalb des Plenums zuhauf zu hören und zu sehen. Das 1.5 Grad-Ziel als Ziel scheint inzwischen unumstritten. Der Finanzsektor ist auch aufgewacht und wird sich seiner tragenden Rolle langsam bewusst. An sauberen Technologien mangelt es nicht – und auch nicht an Konzepten für Mobilität, Städteplanung und Ressourcenschutz. Und es gibt unzählige ermutigende Beispiele von Gemeinden, Städten, Regionen und Ländern, die auf erneuerbare Energien umsteigen, die einen CO₂-Preis einführen, die nachhaltige Transportsysteme umsetzen, Nachhaltigkeit leben.
Regeln
Zur gleichen Zeit wird hinter verschlossenen Türen verhandelt. Und zwar hart. Das Regelwerk für die Umsetzung des Pariser Weltklimavertrags. Mal läuft es harzig, mal scheint es illusorisch – aber nach einem Extratag Gefeilsche wird doch noch und einstimmig ein Regelwerk angenommen. Klar, dieses Regelwerk ist ein Kompromiss – aber dieser beinhaltet klare Regeln. Zum Beispiel wurde bestimmt, wie sich die einzelnen Länder in Zukunft beim Klimaschutz vergleichen, ihre Fortschritte messen und berichten sollen. Die angepeilte Transparenz ist ebenso als Erfolg zu werten wie die Einigung über die Finanzierung der Klimaanpassungsmassnahmen für besonders betroffene Entwicklungsländer durch die Industrienationen (bzw. durch alle Länder – «je nach Möglichkeiten»). Vertagt wurden leider die Regeln für Marktmechanismen; d.h. für die nationale Anrechnung von Emissionsreduktionen durch Klimaschutzmassnahmen im Ausland.
Das Ziel der Klimakonferenz wurde mit dieser Übereinkunft also erreicht: es gibt ein Regelwerk zur Umsetzung des Pariser Klimavertrags. Auch wenn es an der letzten Verbindlichkeit fehlt, so haben das Pariser Abkommen und das Regelwerk aus Katowice doch das Zeug, um eine Dynamik für den Klimaschutz zu entwickeln, der sich kein Land und kein Akteur aus Wirtschaft und Politik entziehen kann.
Was fehlt denn jetzt noch? Wir haben die wissenschaftliche Sicherheit, wir haben klare Regeln, wir haben die Technologien, wir haben die Ressourcen und wir haben grossartige Beispiele und Klimaschutzmassnahmen aus allen Ecken der Erde. Was fehlt sind ambitioniertere Ziele – und die müssen sich die Länder in ihren Reduktionsplänen (NDCs) stecken. Das gilt auch für die Schweiz – vor allem was ihre Klimaschutzmassnahmen im Inland betrifft. Mit mehr Aktion und höherer Ambition sollte die Schweiz von sich reden machen.
Bis die Schweiz selbst diese Chance erkennt, kämpfen wir als myclimate mit neuem Mut und verstärkt mit vereinten Kräften weiter für den Klimaschutz. Wir müssen uns beeilen, denn wir haben keine Zeit mehr zu verlieren.
myclimate an der COP24
Unter dem Motto #together4the17 bespielte myclimate an der COP24 den österreichische Pavillon gemeinsam mit drei weiteren Partnern: dem Klimabündnis Vorarlberg, Helioz und Alpla. Ein Quiz zum Klima und zu den Sustainable Development Goals (SDG) und ein Dartspiel lockte eine bunte Traube an Konferenzteilnehmenden in den Pavillon. Wer beim Dartspiel ins Schwarze traf, dessen Anreise nach Katowice wurde von myclimate berechnet und kompensiert. Es waren Flüge von Ghana, Sri Lanka und Buenos Aires, sowie eine Zugfahrt von Österreich oder die Anreise per Autostop von Paris. Die Felder der Dartscheibe stellten die SDGs dar und jeder Mitspielende nutzte die Chance, seinen Beitrag oder seine Lösung zu erläutern und über Social Media zu präsentieren. Es war lebhaft, interaktiv und bunt.
Franziska Heidenreich diskutierte im Rahmen des Sustainable Development Dialogues gemeinsam mit Marion Verles, CEO Gold Standard, mit Yvo de Boer, ehemaliger UNFCCC Executive Secretary und John Christensen, Direktor der UNEP-DTO, wie wichtig die Verankerung von Kriterien der nachhaltigen Entwicklung für den Erfolg und die Glaubwürdigkeit der Marktmechanismen ist. Weitere angekündigte Experten zum Artikel 6 des Paris Abkommens schafften es nicht mehr aufs Podium, da die Verhandlungen zum Artikel 6 sie in Bann hielten.