Der myclimate Flugrechner

Der Flug-Emissionsrechner quantifiziert die direkten und indirekten CO2-äquivalenten Emissionen pro Passagier für eine bestimmte Flugstrecke. Die geschätzten Emissionen stellen einen Durchschnittswert für die Entfernung zwischen einem bestimmten Paar von Ausgangs und Zielflughäfen dar. Die Quantifizierung basiert auf den neuesten internationalen Statistiken über Auslastungund Beiladefracht sowie verwendete Flugzeugtypen. Die geschätzten Emissionen pro Passagier entsprechen der Menge an CO2-Äquivalenten, die in myclimate Klimaschutzprojekten reduziert werden muss.

ZUM FLUGRECHNER

 

Im Folgenden wird die Berechnung der Flugemissionen Schritt für Schritt detailliert beschrieben. Die verwendeten Faktoren basieren alle auf Schätzungen in der Literatur und aktuellen Statistiken. Soweit möglich, entsprechen die Emissionsberechnungen und -annahmen der europäischen Norm DIN EN 16258.

 

 

1. Übersicht über die Berechnungsschritte

Das folgende Diagramm veranschaulicht die verschiedenen Berechnungsschritte des Flugrechners

2. Flugentfernung

Die Flugentfernung zwischen zwei Flughäfen basiert auf der Grosskreisdistanz, der kürzesten Entfernung zwischen zwei Flughäfen. Bei nicht direkten Flügen mit Zwischenlandung werden die Etappen als Einzelflüge behandelt. Da der Flugzeugtyp und der Auslastungsfaktor von der Flugentfernung abhängen, unterscheiden wir zwischen Kurzstrecken- (2500 km). Da es keine eindeutige Grenze für Kurzstreckenflüge gibt, interpolieren wir für Flugstrecken zwischen 1500 und 2500 km, um einen gleichmässigen Übergang zu erzielen.

Die tatsächliche Flugentfernung zwischen zwei Flughäfen ist häufig erheblich grösser als die kürzeste Entfernung zwischen zwei Flughäfen. Die zusätzliche Strecke ist hauptsächlich auf Ineffizienzen in den Flugsicherungssystemen, auf Sturmsysteme oder andere Wetterereignisse sowie auf Wartemuster (Warteschleifen) vor der Landung zurückzuführen (Kettunen 2005). Obwohl es keine zuverlässigen globalen Statistiken über die zusätzlich geflogenen Kilometer gibt, belaufen sich regionale Schätzungen auf 6–8 % in den USA und 10 % in Europa (Kettunen 2005). Bei einem derart relativen Ansatz werden die zusätzlichen Flugkilometer bei Langstreckenflügen jedoch tendenziell überschätzt. Daher wird der von der europäischen Norm DIN EN 16258 (2012) vorgeschlagene Ansatz übernommen und es werden bei allen Flügen 95 km Entfernungskorrektur (DC) addiert.

 

3. Treibstoffverbrauch pro Flugzeugkilometer

Der Treibstoffverbrauch pro Strecke basiert auf der Treibstoffverbrennung von Flugzeugen, die auf Kurz- (2500 km) eingesetzt werden. Die Emissionen von verbranntem Treibstoff pro Flugzeugkilometer basieren auf dem EMEP/EUA-Leitfaden zum Inventar der Luftschadstoffemissionen (EUA 2016). Darüber hinaus wird zu jedem Flug eine konstante Treibstoffmenge addiert, um den Verbrauch des Flugzeugs bei Landung und Start (LTO) sowie während des Rollens (Bewegung am Boden auf dem Flughafen) zu berücksichtigen (EUA 2016).

Der Verbrauch eines Flugzeugs basiert auf einem gewichteten Durchschnitt des Treibstoffverbrauchs während des Flugs und des Verbrauchs bei Lande- und Startzyklen für die am meisten verwendeten Flugzeugtypen. Die Gewichtung der Flugzeugtypen ergibt sich aus der Summe der pro Flugzeugtyp geflogenen Kilometer (ICAODATA 2019) und basiert auf den Daten der grössten Fluggesellschaften. Das Gewichtungsschema umfasst die am häufigsten eingesetzten Kurzstrecken- (z.B. Airbus A310, Airbus A320) und Langstreckenflugzeuge (z.B. Boeing 747, Boeing 777, Airbus A330 und Airbus A340).

Auf Basis dieses Schemas wird der gewichtete durchschnittliche Treibstoffverbrauch für verschiedene Flugstrecken berechnet. Eine allgemeine Funktion für den Treibstoffverbrauch bei einer beliebigen Flugstrecke wird mithilfe eines Polynoms zweiter Ordnung für Kurz- und Langstreckenflüge approximiert.

 

f(x) + LT0 = ax+ bx + c

 

mit x = GCD + DC, wobei GCD die Grosskreisdistanz [km], DC die Entfernungskorrektur [km] für zusätzliche Kilometer und LTO der zusätzliche Treibstoffverbrauch pro Lande- und Startzyklus ist. Der Treibstoffverbrauch für Entfernungen zwischen 1500 und 2500 km wird linear interpoliert.

 

4. CO2-Emissionen und Treibstoff-Bereitstellung

Der Rechner berücksichtigt die CO2-Emissionen durch die Bereitstellung von Flugtreibstoff/Kerosin (einschliesslich Transport- und Raffinerieprozessen) und die Treibstoffverbrennung. Der Emissionsfaktor für die Verbrennung von Flugtreibstoff (Kerosin) beträgt 3,15 kg CO2e/kg Kerosin (IPCC 2013) und der hier verwendete Faktor für die Bereitstellung 0,538 kg CO2e/kg Kerosin (ecoinvent 2018).

 

5. Zuordnung von Flugzeugemissionen zur Beiladefracht

Passagierflugzeuge transportieren oft erhebliche Mengen an Fracht und Post, insbesondere in Grossraumflugzeugen auf Langstreckenflügen. Daher ist es notwendig, einen Teil der gesamten Flugzeugemissionen der Beiladefracht zuzuordnen.

Um die europäische Norm DIN EN 16258 (2012) einzuhalten, wird die Fracht im Luftverkehr nun1 nach ihrem Gewicht zugeordnet (Massenansatz). Aufgrund der höheren Nutzlast (LH 2014) auf internationalen Flügen sind die Emissionen von Luftfracht höher. Die anteiligen Passagieremissionen sind demensprechend geringer.

1Bisher hat myclimate einen monetären Ansatz verwendet, d.h., die Fracht-Emissionen wurden anhand des ökonomischen Wertes nach dem Ertrag der führenden Fluggesellschaften aus dem Passagier- und Post-/Frachtgeschäft allokiert.

 

6. CO2-Emissionen pro Passagier

Die CO2-Emissionen pro Flugzeug verteilen sich auf die durchschnittliche Anzahl der Passagiere auf Kurz- und Langstreckenflügen. Die Anzahl der Passagiere ist hier definiert als die Anzahl der Sitze pro Flugzeugtyp (ICAODATA 2019) multipliziert mit dem von der Internationalen Luftverkehrs-Vereinigung veröffentlichten Auslastungsfaktor (ICAO 2018). Die Zahlen werden für jeden Flugzeugtyp berechnet und dann nach dem oben beschriebenen Gewichtungsschema gewichtet.

 

7. Gewichtungsschema nach Kabinenklasse

Die Passagierkapazität von Flugzeugen ist oft begrenzt, da Sitze in der First- und Business-Class mehr Platz einnehmen. Mit anderen Worten, dasselbe Flugzeug könnte mehr Personen befördern, wenn der Platz zum Sitzen verringert würde. Daher ermöglicht der Emissionsrechner eine Auswahl der Kabinenklasse. Die Emissionen werden den verschiedenen Kabinenklassen entsprechend der durchschnittlichen Sitzplatzfläche in der gewählten Kabinenklasse zugeordnet (SeatGuru 2012). Der Kabinenklassengewichtungsfaktor wird für jeden Flugzeugtyp berechnet und dann nach dem oben beschriebenen Gewichtungsschema angewendet.

 

 

8. Berücksichtigung von Nicht-CO2- Auswirkungen des Luftverkehrs

Flugzeuge emittieren nicht nur CO2, sondern auch andere Stoffe, die die Strahlungsbilanz der Erde und damit das Klima beeinflussen. Unter anderem bewirken Emissionen aus dem Luftverkehr einen kurzfristigen Anstieg des troposphärischen Ozons als Folge von Stickoxidemissionen (NOx), verursachen Kondensstreifen und können sich auf die Entstehung von Zirruswolken auswirken. Die gesamten Strahlungseffekte wurden daher als zwei- bis viermal so gross wie der direkte CO2-Strahlungsantrieb geschätzt. Die Forschung zur Begrenzung der Unsicherheiten geht weiter. Darüber hinaus ist ein Vergleich von CO2- und Nicht-CO2-Auswirkungen sehr schwierig, da sie über unterschiedliche Zeiträume verlaufen. Doch ein wissenschaftlicher Ansatz kann diese Effekte trotz Unsicherheiten nicht ignorieren.

Neueste Studien (Jungbluth und Meili 2018)2 empfehlen auf der Grundlage der korrekten Interpretation der jüngsten wissenschaftlichen Veröffentlichungen einen RFI-Faktor von 2 für die gesamten CO2-Emissionen von Flugzeugen. Dies untermauert die Berechnungen von myclimate, da myclimate die Erwärmung aufgrund von Nicht-CO2-Flugzeugemissionen bereits so berücksichtigt (Jungbluth und Meili 2018, Kollmuss und Crimmins 2009).

2 Weitere Informationen und Vergleiche

 

9. Emissionen von Flugzeugen und Infrastruktur

Flugzeuge werden zuerst gefertigt, dann gewartet und am Ende ihrer Lebensdauer entsorgt. Die mit diesen Aktivitäten verbundenen Emissionen gehen mittels eines Faktors in die Emissionen der insgesamt geflogenen Kilometer ein. Darüber hinaus erfordert das Fliegen eine bestimmte Infrastruktur; die Emissionen aus dem Flughafenbetrieb werden ebenfalls berücksichtigt (Messmer und Frischknecht 2016).

 

10. Formel

Mit der folgenden Formel werden die gesamten CO2-äquivalenten Emissionen berechnet:

 

 

mit

x: Flugdistanz [km], definiert als die Summe aus GCD (Grosskreisdistanz) und DC (Entfernungskorrektur

für Umwege und Wartemuster) sowie Ineffizienzen in den Flugsicherungssystemen [km]

S: Durchschnittliche Anzahl der Sitzplätze (Summe für alle Kabinenklassen)

PLF: Auslastungsfaktor

CF: Frachtfaktor

CW: Kabinenklassengewichtungsfaktor

EF: CO2-Emissionsfaktor für die Verbrennung von Flugtreibstoff (Kerosin)

M: Multiplikator zur Berücksichtigung potenzieller Nicht-CO2-Effekte

P: CO2e-Emissionsfaktor für die Bereitstellung von Flugtreibstoff (Kerosin)

AF: Flugzeugfaktor

A: Emissionen der Flughafeninfrastruktur

 

Der Teil ax2 + bx + c ist eine nicht lineare Approximation von f(x) + LTO

LTO: Treibstoffverbrauch während des Lande- und Startzyklus einschliesslich Rollen [kg]

Ein Kurzstreckenflug ist definiert als x < 1500 km und ein Langstreckenflug als x > 2500 km. Für den Zwischenbereich wird eine lineare Interpolation verwendet.

 

Die folgenden Parameter gehen in die Berechnung ein:

 

Flugzeugtyp

Standard Kurzstreckenflug

Standard Langstreckenflug

ø Anzahl Sitzplätze (S)

153,51

280,21

Auslastungsfaktor (PLF)

0,82

0,82

Umwegkorrektur (DC)

95

95

1 - Frachtfaktor (1 - CF)

0,93

0,74

Economy Class (CW)

0,96

0,80

Business-Class-Gewicht (CW)

1,26

1,54

First-Class-Gewicht (CW)

2,40

2,40

Emissionsfaktor (EF)

3,15

3,15

Bereitstellung (P)

0,54

0,54

Multiplikator (M)

2

2

Flugzeugfaktor (AF)

0,00038

0,00038

Flughafen/Infrastruktur (A)

11,68

11,68

a

±0,0000

0,0001

b

2,714

7,104

c

1166,52

5044,93

 

 

11. Quellen 

DIN EN 16258 (2012).

 

Europäische Norm EN 16258, CEN Europäisches Komitee für Normung, Brüssel, November 2012

ecoinvent 2018.

 

Version 3.5, Schweizer Zentrum für Ökoinventare, Zürich, Schweiz. www.ecoinvent.org

EUA 2016.

 

EMEP/EEA air pollutant emission inventory guidebook — 2016.

Technical guidance to prepare national emission inventories –

Part B: sectoral guidance chapters, section 1.A.3.a Aviation

ICAO 2018.

 

International Civil Aviation Organization. Economic

Development, Air Transport Monthly Monitor, Juli 2018

ICAODATA 2019.

 

International Civil Aviation Organization statistical data base on the air transport industry. Datenverfügbarkeit: 2009–2017, Home Page - ICAO Data+

IPCC 2013.

 

IPCC Climate Change 2013: The Physical Science Basis.

Contribution of Working Group I to the Fourth Assessment Report of the Intergovernmental Panel on Climate Change. In:

Solomon, S., D. Qin, M. Manning, Z. Chen, M. Marquis, K. B.

Averyt, M. Tignor und H. L. Miller (Hrsg.). Cambridge, Grossbritannien und New York, NY, USA, 996 Seiten.

Jungbluth und Meili 2018.

 

Recommendations for calculation of the global warming potential of aviation including the radiative forcing index, ESUservices, Schaffhausen, November 2018. http://www.esuservices.ch/fileadmin/download/jungbluth-2018-IntJLCA-GWPaviation-recommendations.pdf

Kettunen et al. 2005.

 

Flight Efficiency Studies in Europe and the United States. 6th USA / Europe Seminar on ATM Research and Development, Baltimore, Maryland, USA, 27.–30. Juni, 2005. www.atmseminar.org

seminarContent/seminar6/papers/p_055_MPM.pdf

Kollmuss und Crimmins 2009.

 

Carbon Offsetting & Air Travel – Part 2: Non-CO2 Emissions

Calculations. Stockholm Environment Institute. SEI Discussion

Paper, Juni 2009. sei-us.org/Publications_PDF/SEI-

CarbonOffsettingAirTravelPt2-09.pdf

LH 2014.

 

Pallets, Containers, and fleet, Lufthansa Cargo AG, Frankfurt/Main, April 2014

Messmer und Frischknecht 2016.

 

Life Cycle Inventories of Air Transport Services, treeze, Dezember 2016.

SeatGuru 2008. 

Airplane seating information. www.seatguru.com

 

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